Sie hatten landesweit breitflächig plakatiert, wollten den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde in den sächsischen Landtag schaffen: Am Ende aber landeten die rechtsextremen „Freien Sachsen“ bei ihrem ersten Antritt zur Landtagswahl am Sonntag bei 2,2 Prozent. Mehr als die FDP immerhin, und nur knapp hinter den Freien Wählern – aber dennoch deutlich entfernt vom Parlamentseinzug. Entsprechend sprach die Kleinstpartei dann auch nur von einem „respektablen“ Ergebnis.
Für weit mehr Aufsehen sorgte am Montag aber der Vorwurf, dass die rechtsextreme Partei in Dresden Wahlfälschung betrieben haben soll. Laut Sächsischer Zeitung wurden in zwei Wahllokalen Briefwahlzettel entdeckt, bei denen abgegebene Kreuze überklebt waren und neue Kreuze bei den „Freien Sachsen“ gesetzt wurden. Wahlleiter Markus Blocher bestätigte der Zeitung den Vorgang und erklärte, man prüfe diesen. Die Stimmen seien damit wahrscheinlich ungültig. Der Wahlausschuss werde den Fall bei seiner Sitzung am Donnerstag besprechen. Um wie viele Wahlzettel es sich handelt, blieb zunächst offen. Das Wahlamt war für Nachfragen zunächst nicht zu erreichen. Auch die „Freien Sachsen“ ließen eine Anfrage vorerst offen.
Die Wahlfälschungs-Aktion könnte den „Freien Sachsen“ also weitere Stimmen kosten. Auch landesweit war die Konkurrenz der AfD übermächtig: Die Partei, deren Landesverband ebenfalls vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft, holte sachsenweit 30,6 Prozent der Stimmen. Die 2,2 Prozentpunkte der „Freien Sachsen“ – ein 2021 gegründetes Sammelbecken aus Neonazis, Reichsbürgern und einstigen NPD-Leuten – waren für die AfD aber die entscheidenden, die ihnen fehlten, um vor der CDU auf dem Spitzenplatz zu landen.
Im Wahlkampf hatten die „Freien Sachsen“ auf Hetze gegen Geflüchtete und die Regierungsparteien gesetzt, störten Wahlkampfauftritte von Bundespolitikern – und buhlten um eine Kooperation mit der AfD. Da die Partei ja nicht auf die Zweitstimmen angewiesen sei, weil sie ohnehin reichlich Direktmandate gewinne, sollte die Zweitstimme doch den „Freien Sachsen“ gegeben werden, appellierten die Rechtsextremen. Im Landtag könne man dann „eine Mehrheit gegen die Blockparteien“ bilden.
Die AfD aber wies die Kampagne zurück und warnte, Stimmen für Kleinstparteien zu verschwenden. Ein Kontra, das die „Freien Sachsen“ noch am Sonntag über die „ignorante Haltung der sächsischen AfD“ schimpfen ließ. Deren Haltung sei „vollkommen unnötig und nützt nur dem Gegner“. Es müsse „Konsequenzen haben“.
Am Ende gelang den „Freien Sachsen“ nur im Erzgebirge ein Ergebnis von 5,1 Prozent. Überall sonst lag die Partei teils deutlich darunter. Der Verfassungsschutz hatte konstatiert, dass die „Freien Sachsen“ im Wahlkampf deutlich weniger aktiv waren als noch zur sächsischen Kommunalwahl im Frühjahr. Hier hatten die „Freien Sachsen“ rund 110 Kommunalmandate errungen, in Eilenburg oder Zittau bilden sie nun gemeinsame Fraktionen mit der AfD.
Eine noch größere Wahlschlappe erlebte die Partei des früheren, nach rechtsaußen abgedrifteten Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, die Werteunion: Gerade mal 0,6 Prozent holte sie in Thüringen, nur 0,3 Prozent in Sachsen. Damit erhält die erst zu Jahresbeginn gegründete Partei nicht mal die staatliche Wahlkampfkostenrückerstattung. Auch Maaßen hatte im Wahlkampf gegen „ungezügelte Migration“, „Messermorde“ oder die „Brandmauer gegenüber Andersdenkenden“ gewettert – und von einem Wählerpotential von angeblichen 15 Prozent gesprochen.
Maaßen räumte am Montag ein, dass das Wahlergebnis „weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben“ sei. Dies liege aber nicht am Programm, sondern an der „mangelnden organisatorischen Reife und Professionalität der Partei“. Zudem sei die Werteunion von Medien „totgeschwiegen“ worden. Auch habe es Wähler abgeschreckt, dass er selber inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet werde, so Maaßen.
Aufgeben will der 61-Jährige aber offenbar nicht. Sein Fokus liege auf der Bundestagswahl 2025, die „entscheidend“ sein werde, erklärte Maaßen. In der Werteunion ist aber die Kritik an Maaßen groß: Dieser treffe eigenmächtig Entscheidungen, trete Ratschläge „mit Füßen“, wird dort kritisiert. Die jetzige Häme sei berechtigt.
Ebenso erfolglos blieb das „Bündnis Deutschland“, das auch mit Rechtsaußen-Parolen antrat und nur 0,3 Prozent in Sachsen und 0,5 Prozent in Thüringen holte. Erfolgreicher waren da die Freien Wähler, die in Sachsen 2,3 Prozent und in Thüringen 1,3 Prozent einfuhren. Im Wahlkreis Leipziger Land holte ihr Spitzenkandidat Matthias Berger, der auch Oberbürgermeister in Grimma ist, ein Direktmandat. Der 56-Jährige hatte zuletzt wiederholt die „Brandmauer“ gegenüber der AfD infrage gestellt.
Gar nicht mehr zu den Wahlen in Sachsen und Thüringen trat „Die Heimat“ an, die frühere NPD. In Sachsen schlüpften ihre Kandidaten, wie „Heimat“-Landeschef Peter Schreiber, unter das Dach der „Freien Sachsen“. In Thüringen rief die Partei zur Wahl der AfD auf. Die „Heimat“ befindet sich im rapiden Niedergang, erhält seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühjahr keine Gelder mehr aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Laut Verfassungsschutz ist sie in einem „desolaten Zustand“.