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Aber genau das ist die immer wieder verbreitete Falschinformation darüber, was in Deutschland passiert. Es wird immer weniger Kohle verbrannt, nicht mehr. Ja, ich weiß man hätte Atomkraftwerke länger laufen lassen und stattdessen Kohlekraftwerke abschalten können, faktisch gab es einen gleichzeitigen Atom- und Kohleausstieg, der Atomausstieg war nur früher abgeschlossen, dadurch wird aber nicht mehr Kohle verbrannt sondern trotzdem weniger.
Der Punkt ist, dass Deutschland im Jahr 2000 ca. 170 TWh/Jahr an relativ sauberem Atomstrom produzierte. Diese Kapazität wurde schnell reduziert während die Erneuerbaren ausgebaut wurden und die Stromproduktion mit Kohle langsam reduziert wurde. 2023 wurden in Deutschland noch 135 TWh Kohlestrom produziert.
Eine alternative Strategie wäre ein Ausbau der Erneuerbaren und ein schneller Ausstieg aus der Kohle gewesen. In einem zweiten Schritt hätte man dann aus der Atomenergie aussteigen können.
Ich denke die zweite Strategie wäre sowohl aus ökologischer als auch aus gesundheitlicher Sicht eine bessere Wahl gewesen. Wenn man von einer Todesrate von 25 Personen pro TWh bei Kohlestrom ausgeht, dann hätte man mit den 170 TWh* Atomstrom ca. 4000 Tote pro Jahr vermeiden können! Aber weil die Atomenergie ein viel besseres Feindbild abgibt, hat man den Ausstieg aus der Kohle verschleppt.
*Ein Weiterbetrieb wäre aber wohl nicht bei allen Kernkraftwerken sinnvoll gewesen.
Das eine ist was eventuell Sinnvoll gewesen wäre, das Andere ist die Realität. Im Jahr 2000 haben sich Leute um Peak-Oil Sorgen gemacht, Kohleausstieg war damals nicht drin, Klimawandel hat niemanden interessiert. Aber vor Atomkraft hatten Leute Angst, ging sogar soweit, dass in den 80ern Leute eine Anti-Atomkraft-Partei gegründet haben, gibt's immer noch, nennen sich die Grünen oder so. Ohne Atomausstieg hätten wir jetzt einen Energiemix mit 20-30% Atomkraft und 30% Kohle, vielleicht auch deutlich mehr Gas, wenn ich mir andere Länder so ansehe.
Ja, ein Teil des Problems ist wohl, dass es deutlich einfacher ist, die Gefahren der Atomkraft zu vermitteln als das bei den CO2 Emissionen oder der Kohleverbrennung ist.
Die deutsche anti atom Bewegung ist infolge von Tschernobyl entstanden, die Panik vor dem Fallout war damals deutlich greifbarer als heute. Und deswegen auch einfacher zu vermitteln und Leute zu überzeugen
Die ist älter, die Grünen haben sich 1980 gegründet, damals schon explizit als Anti-Atomkraft-Partei, heißt die Bewegung ist noch viel älter, Ursprünge eher in den 60ern. Tschernobyl hat das Thema nur viel größer gemacht und mehr in die Mitte der Gesellschaft gebracht. Meine Theorie ist, dass das ursprünglich aus der Friedensbewegung kommt und man Atomwaffen und Atomenergie in den selben Topf geschmissen hat.
Interessant, dass die bereits vor dem Unfall existierten wusste ich nicht, unter dem Blickwinkel würde ich deiner Vermutung zustimmen dass der Ursprung vermutlich im atomwaffen-schreck liegt.
In Harrisburg Three Mile Island oder so gab es einen beinahe GAU, Sellafield (UK) verstrahlte schon allgemein bekannt die Nordsee, die überirdischen Kernwaffentests von wenigen Jahrzehnten hatte die Hintergrundstrahlung bereits verdoppelt und die Kernkraft hatte (als "Sprengstofflieferant" für Kernwaffen, was heute immer noch eine Hauptmotivation für staatlich geförderte Kernreaktoren ist) in Zeiten des NATO Doppelbeschlusses und der Pershing 2 Stationierung in Deutschland im Kalten Krieg lange vor Tschernobyl wirklich keinen guten Ruf.
Was halt auch zeigt wie irrational Leute seien können. Atomkraft ist was Tote / Kwh angeht die sicherste Form der Energieerzeugung. Kohle tötet jedes Jahr durch Luftschmutzung abertausende Menschen (bzw. verkürzt deren Leben).
???
Wie kann man bitte diese einfach Logik nicht verstehen:
Atomkraftwerke produzieren X Megatonnen Strom pro Jahr. Dieses X kann man sofort von der Kohle abbauen, indem man entsprechend Kohlkraftwerke abschaltet.
Ein so spätere Atomausstieg hätte weniger Kohle verbrannt
Jein, nur wenn man dann Kohle auch deutlich früher ersetzt hätte, und genau da sehe ich nicht, dass das passiert wäre. Gleichzeitig wäre aus Altersgründen sicherlich das eine oder andere AKW trotzdem abgeschaltet worden, da hätte es dann Neubauten gebraucht um Kernkraft wenigstens konstant zu halten. Das letzte AKW in Deutschland ging 1989 ans Netz, effektiv hatte damit der Ausstieg angefangen.
Schau Dir mal den Energiemix über die Jahre in Deutschland an. Ein erheblicher Teil des Anstieg der Erneuerbaren "ging dafür drauf" den Ausstieg aus der Atomkraft auszugleichen:
https://braunkohle.de/wp-content/uploads/2021/04/Entwicklung-der-Bruttostromerzeugung-in-Deutschland.pdf
Atomkraft ist sicherer und sauberer als Kohle aber aufgrund von irrationaler Angst haben wir uns für Kohle anstatt Atomkraft entschieden und es ist und bleibt ein gigantischer Fehler.
Der "ging nicht drauf", die Erneuerbaren wurden genau dafür gebaut, um Atomkraft zu ersetzen. Die These die ich aufgestellt habe ist: Ohne Atomausstieg hätte es deutlich weniger Ausbau an Erneuerbaren gegeben und wir würden jetzt vermutlich noch ähnlich viel Kohle verbrennen wie vor 10-20 Jahren. Für den Atomausstieg gab es eine Mehrheit, für Kohle hat sich damals niemand so richtig interessiert. Im Nachhinein lässt sich vieles sagen, aber man sollte dabei die damalige Realität nicht ignorieren.
Und da liegt halt der Fehler.
Es geht hier ja darum aus den Fehlern zu lernen und die irrationale Angst vor Atomenergie und die vergleichsweise entspannte Haltung gegeünber Kohle, ist die Ursache. Leider haben die Grünen in Deutschland das immer noch nicht richtig gerlernt, wie man z.B. an der Haltung gegenüber Atomstrom in der EU sieht.