Deutschland hat vergangenes Wochenende vermutlich eines der größten Demonstrationswochenenden in der Geschichte der Bundesrepublik erlebt. Deutlich mehr als eine Million Menschen demonstrierten in Großstädten, aber auch in kleineren Gemeinden im ganzen Land: gegen Rechtsextremismus.
Es war ein breites Spektrum, das da auf die Straße ging – schon Tage danach zeichnen sich mancherorts Risse ab. Die einen halten die Organisatoren der Demonstrationen für zu links, die anderen wünschen sich weniger liberale und konservative – mancher sagt: rechte – Politiker dort.
Politiker von CDU und FDP fordern deshalb jetzt ein breites Bündnis gegen Rechtsextremismus. Die CDU-Bundesvorständin Serap Güler sagt dem Tagesspiegel: „Das breite Bündnis gegen Rechtsextremismus darf jetzt nicht von links gespalten werden.“
Wir müssen auch sprachlich deutlich werden: Die Demonstrationen richten sich nicht gegen ,rechts’, sondern gegen den Rechtsextremismus.
Serap Güler, Mitglied des CDU-Bundesvorstandes und Abgeordnete aus Köln
Die CDU-Bundestagsabgeordnete hat, wie viele andere Christdemokraten, selbst auf einer großen Demonstration in Köln geredet. „Ich würde das jederzeit wieder tun“, sagt sie. „Wir bekommen aber auch die Diskussion um die Proteste in München mit.“
In der bayerischen Landeshauptstadt fühlte sich nach der riesigen Demonstration am Sonntag zumindest ein Teil der Teilnehmer instrumentalisiert. Statt sich gegen den Rechtsextremismus und die AfD zu wenden, hätten viele Redner die Partei in einem Atemzug mit den Ampel-Parteien und der Union genannt. Die Menschen wurden, so zeigt es ein Video, aufgefordert, „der Ampel den Mittelfinger zu zeigen“. Die Versammlungsleiterin hatte CSU-Politiker vorher zu unerwünschten Personen erklärt.
Serap Güler ist Mitglied des CDU-Bundesvorstandes und Abgeordnete aus Köln. Sie wirbt für eine Teilnahme an den Demonstrationen.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich nahm dennoch an der Demonstration teil . „Das war eine Sternstunde des Münchner Bürgertums und ein Versagen der Veranstaltungsleitung und von Fridays for Future“, sagte Eisenreich danach. Die Veranstalter hätten versucht, die Demonstration für die „eigenen ideologischen Zwecke“ zu instrumentalisieren.
In Krefeld in der Nähe von Düsseldorf droht ebenfalls Streit. Dort hat ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis für eine Großdemonstration am 3. Februar Menschen eingeladen, Sportvereine, türkische Verbände, die Klimabewegung und fast alle demokratischen Parteien. Der Aufruf: „Krefeld verteidigt rote Linie der Demokratie: Gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke!“
Nur die FDP fehlt – und fühlt sich übergangen. Von Liberalen aus der Stadt hört man, die Veranstalter hätten deutlich gemacht, dass die FDP ihnen „zu rechts“ sei. Die Veranstalter wiederum erklären, die FDP habe auf die Anfrage, ob sie den Aufruf unterstütze, nicht reagiert.
Diejenigen, die mit beiden Füßen auf dem Boden unserer Verfassung stehen, sollte man immer mitnehmen, wenn es darum geht, diese Verfassung auch in der Öffentlichkeit zu verteidigen.
Otto Fricke, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Krefeld
Die Nachfragen des Tagesspiegels haben jedoch Bewegung in die Sache gebracht: Noch im Laufe des Mittwochs sollte ein neues Plakat gestaltet werden – mit dem FDP-Logo und insgesamt 180 Logos, wie der Organisator meldet. Der Streit um die Beteiligung der Nachwuchsorganisation Junge Liberale am Aufruf zur Demo in Krefeld schwelt dagegen weiter wegen Bedenken aus dem Umkreis der lokalen „Fridays for Future“-Bewegung.
Die Anekdote aus Krefeld zeigt, wie ungewohnt das breite Bündnis vielen scheint. Otto Fricke, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Krefeld, begrüßt deshalb, dass nun eine gemeinsame Lösung gefunden wurde. „Diejenigen, die mit beiden Füßen auf dem Boden unserer Verfassung stehen, sollte man immer mitnehmen, wenn es darum geht, diese Verfassung auch in der Öffentlichkeit zu verteidigen“, fordert er. Sind die Demos gegen rechts oder Rechtsextremismus?
CDU-Bundesvorstandsmitglied Güler sagt: „Unser gemeinsames Interesse muss sein, dass die demokratische Mitte gemeinsam Flagge gegen den Rechtsextremismus zeigt. Dazu gehören natürlich auch Christdemokraten und Liberale, die aus der Sicht von Linken rechts der Mitte stehen.“
Sie fordert deshalb von den Organisatoren der Proteste Klarheit: „Wir müssen auch sprachlich deutlich werden: Die Demonstrationen richten sich nicht gegen ,rechts’, sondern gegen den Rechtsextremismus“, sagt Güler.
Viele Bündnisse hatten ihre Demonstrationen – anders als die Krefelder Veranstalter – „gegen rechts“ genannt. Auch Medien, dazu zählt der Tagesspiegel, hatten teils von Protesten „gegen rechts“ berichtet.
Güler fordert: „Wenn wir uns jetzt als Gesellschaft auseinanderdividieren lassen, werden wir in diesem Kampf nicht bestehen.“ Für den nächsten Großdemonstrationstag am 3. Februar hat sich zumindest in Berlin schon ein unverfänglicherer Name etabliert: „Wir sind die Brandmauer.“
Die CDU-Politikerin wie auch FDP-Mann Fricke rufen dazu auf, weiterhin an den Protesten teilzunehmen. „Mir tat es verdammt gut, diese Bilder aus meiner Stadt zu sehen“, sagt Güler.
„Endlich finden ganz viele andere Menschen, die Pläne der AfD auch so verstörend und zeigen das auch“, so Güler. „Das ist ein ermutigendes Signal.“
Das Geschisse darum wer denn nun die Demos organisiert hat ist so unnötig. Wenn es der CDU/CSU um die Sache gehen würde, würden sie einfach eine weitere Demo organisieren ohne dabei nach Links zu treten.
Mir ist das nicht egal. Und es sollte uns auch nicht egal sein. Linke haben seit jeher auf die Probleme aufmerksam gemacht. Kleine, lokale Antifa-Gruppen vernetzen und organisieren sich und stellen sich den rechten vor Ort und lassen sich nicht instrumentalisieren von einer konservativ/rechten "Mitte", die hier einfach nicht die Freunde in der Sache sind. Protest und Massendemos gerne, aber wir (linke) sollten uns jetzt nicht die Zügel aus den Händen reißen lassen und klar aufzeigen, dass die AfD nur ein besonders gewaltsamer Auswuchs aus diesem System ist.
Stimme dir zu. Und vielleicht habe ich mich auch zu missverständlich ausgedrückt. Mir ging es um das Geschisse, das von der CDU herkommt. Mein Punkt: Anstatt Kritik nach Links zu äußern, sollten sie lieber den Schnabel halten und einfach mal MACHEN. Auch ein Signal der Falschen gegen die noch Falscheren ist ein gutes Signal. (Hier widersprechen wir uns beide, d'accord.)
Klar, die Strategie "Wer hat uns verraten Sozialdemokraten?" hat ja in der Vergangenheit hervorranged funktioniert. /s.
Das war eine Strategie?
Die Strategie war die Sozialdemokraten als Gegner zu betrachten. Die Kompromisslosigkeit der KPD war ein Sargnagel für die Weimarer Republik.